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Ökonomie anders denken & handeln

Am 20.09. hielt ich als Sprecher der Cradle to Cradle (C2C) Regionalgruppe Marburg zusammen mit der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) Gruppe Lahn-Eder einen Vortrag im Material-Zentrum Marburg (MaZe) mit dem Titel: „Ich liebe meinen Fußabdruck – Ökonomie anders denken & handeln“.

Die Ziele beider Organisationen überschneiden sich: C2C strebt an, das Konzept „Müll“ als Fehler der Vergangenheit in der menschlichen Geschichte hinter sich sich zu lassen und durch die Transformation des sogenannten „linearen Wirtschafttssystems“ hin zu Kreislaufsystemen menschliches Handeln als etwas Positives zu begreifen. Diese Leitgedanken stehen im Gegensatz zu den typischen Ansichten im Kontext des „Anthropozäns„(siehe dazu: https://www.ardalpha.de/wissen/umwelt/nachhaltigkeit/anthropozaen-erdzeitalter-geologie-mensch-100.html).

Die Visionen von C2C bedienen sich eines positiven Menschenbildes und streben an, Optimismus zu säen. Die Botschaften lauten: „So geht morgen. Gestalte kreislauffähig. Produziere gesund. Denke positiv.“ sowie „Kreis statt Krise“.

Auch die Gemeinwohökonomie verfolgt einen Systemwandel. Im Kern verfolgt sie das Ziel, möglichst vielen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen und nicht die maximale Bereicherung von ein paar Wenigen, wie es oftmals der Fall ist. Menschenwürde, ökologische Verantwortung, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, demokratische Mitbestimmung und Transparenz werden als grundlegende Pfeiler für wirtschaftliches Handeln angesehen und anhand der entwickelten Gemeinwohl-Matrix abgebildet. Diese ist ein Modell für die Entwicklung und Bewertung von wirtschaftlichen und gemeinwohl-orientierten Aktivitäten von Unternehmen. Der Beitrag zum Gemeinwohl kann damit bewertet werden (Siehe dazu: https://neuezeit.at/gemeinwohl-oekonomie-erklaert/ https://germany.ecogood.org/, https://germany.ecogood.org/tools/gemeinwohl-matrix/).

Die Denkschulen beider Ausrichtungen können in einem Begriff zusammengefasst werden: dem regenerativen Wirtschaften. Dieser Begriff wird in dem sehr lesenswerten Dialog „Schöpfen und Erschöpfen“ zwischen der Politikönomin Maja Göpel und der Philosophin Eva von Redecker aufgegriffen. Ihre Ursprünge hat er in der Landwirtschaft, wobei die regenerative Landwirtschaft Diversität und Kompost als etwas Wertvolles begreift, um den Kreislauf der Pflanzkultur neu beginnen zu lassen, im Gegensatz zur Bewirtschaftung von Monokulturen, die durch die grüne Revolution im globalen Süden skaliert wurden (siehe dazu: https://www.deutschlandfunkkultur.de/regenerative-oekonomie-mit-der-natur-arbeiten-nicht-gegen-100.html).

Konkret geht es bei der regenerativen Wirtschaft darum, die Regenerationszeit der in der Arbeit verwendeten Elemente zu berücksichtigen. Eva von Redecker definiert Regeneration prägnant, wenn auch etwas schwammig: „Reproduktion ist die Zeit, in der Lebwesen ihre Reproduktion anstrengungslos vollziehen.“ (siehe Buch „Schöpfen und Erschöpfen“, S. 70). Die Frage der Regenerationszeit lässt sich einerseits auf den biologischen Kreislauf beziehen: „Wie lange dauert es, bis etwas nachwächst?“ andererseits auch auf technische Kreisläufe: „Wie lange dauert ein Recyclingverfahren?“.


Eine kreislauffähige Wirtschaft nach den Vorstellungen von C2C. Links die Biosphäre (biologischer Kreislauf) und rechts die Technosphäre (technischer Kreislauf) . Nährstoffe (statt Müll) bilden die Grundlage für neue Produkte.(https://gruenderplattform.de/green-economy/cradle-to-cradle)

Allerdings bezieht sich Regeneration auch auf die menschliche Tätigkeit selbst, also die physische Arbeit selbst und dies kann auch als elementar angesehen werden, da wirtschaftliches Handeln unmittelbar mit menschlicher Aktivität verbunden ist. Dabei geht es um die Frage: „Was braucht es zur Erholung von der Arbeit?“ Von Redecker führt hier das Beispiel von Pflegekräften im Gesundheitssystem an, bei denen man viel größere Regenerationszeiten (= Freizeit) ansetzen müsse, als dies aktuell in Deutschland der Fall ist. Natürlich stellt sich die Frage, wie man individuelle Regenerationszeiten erfassen und transparent machen kann. Eine Idee könnte etwa sein, dass man u.a. digitale Gesundheitssensoriken als Hilfsmittel nimmt, persönliche Erschöpfungssymptome (neben der individuallen bzw. ärztlichen Einschätzung) erkennen könnte. Die Datenschutzbehandlung wäre dann eine andere Frage.

Zum Ende noch ein paar Tipps, wie man mit seinem Handeln einen positiven Fußabdruck hinterlassen kann und ein paar Zitate, die ich ermutigen finde und zur Motivation anregen: „Es gibt nichs Gutes außer man tut es“ (Erich Kästner). „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünscht für diese Welt.“ (Mahatma Gandhi). „Hope is Action“ (=Hoffnung heißt, aktiv zu sein) (SprecherIn auf der Beyond Growth Konferenz in Brüssel 2023). Wenn euch die Gedanken von der GWÖ oder von C2C ansprechen, kann ich euch ermutigen, einfach mal bei der Lokalgruppe eurer Stadt oder Region anzufragen, vielleicht findet ihr eine Gruppe, in der ihr aktiv werden könnt.

Bei der GWÖ: https://germany.ecogood.org/ueber-uns/regionalgruppen/ Bei C2C: https://ehrenamt.c2c.ngo/regionalgruppen/

Ehrenamtliche Aktivität kann wahnsinnig viel Spaß bereiten. Und wie ihr von dem letzten Blogartikel „Action for Happiness“ vielleicht noch wisst, trägt Sinn im Leben zu finden und Teil etwas Größerem zu sein, sogar laut aktuellem Forschungsstand zur Erhöhung der eigenen Lebenszufriedenheit bei ( siehe auch: https://www.actionforhappiness.de/10-keys/sinn/).