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Die Ökologische Ökonomie

Mitte Juli ging es für mich in die Toskana, genau genommen nach Pisa. Ich hatte unter anderem das Ziel, die Grundzüge der Ökologischen Ökonomie zu erlernen. Dazu besuchte ich nun eine sogenannte Sommer School (zu Deutsch: Sommerschule), die von dem Fachbereich Wirtschaft und Management der Uni angeboten wurde.

Mein Interesse geweckt hatten vor allem jene Informationen, die auf einer Seite der Uni Pisa bereit gestellt wurden. So hieß es etwa hinsichtlich der Lernziele:

„Nach Abschluss der Sommer School werden die Studierenden die grundlegenden erkenntnistheoretischen und analytischen Instrumente der Ökologischen Ökonomie verstehen, die zur Erforschung der aktuellen Herausforderungen der Nachhaltigkeit und der jüngsten
Konzepte von Postwachstum/Degrowth eingesetzt werden.“

Die Frage, wie eine erfolgreiche Transformation
und Gesellschaft im Angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise gelingen kann, treibt viele Menschen derzeit um. Die Ökologische Okonomie befasst sich im Kern mit dem Wirtschaften innerhalb planetarer Grenzen und bietet meiner Meinung nach eine ernsthafte Anwort auf die Fragestellung, im Gegensatz zu der oftmals noch dominaten traditionellen Lehre, der sogenannten Neoklassik.

Symbol der Europäischen Gesellschaft für Ökologische Ökonomie

Im folgenden Text werde ich eine der beiden wichtigsten Denker dieser Forschungsausrichtung vorstellen und anschließend auf die Relevanz für unser heutige Gesellschaft und dem Konsum eingehen.

Der Institutsökonom Karl William Kapp, 1910 im heutigen Kaliningrad geboren, hob in seinem Werk „Soziale Kosten der Marktwirtschaft: Das klassische Werk der Umwelt-Okonomie” hervor, dass die sogenannten externen Effekte, die etwa beim Verbrauch oder der Herstellung von Waren entstehen, einen ubiquitären Charakter haben, also allgegenwärtig sind. Da ein systemischer Druck durch den Wettbewerb auf den Märkten entstehe, sei es unmöglich, externe Effekte als unbeabsichtigte Nebeneffekte zu betrachten, wie es in der klassischen Wirtschaftslehre der Fall ist.

Vielmehr würden sie zum Zweck der ”Kostenverschiebung¨erzeugt. Nach dieser Auffassung ist eine freie Marktwirtschaft nicht mit den Erfordernissen des ¨okologischen Systems und der Befriedigung menschlicher Bedürfnissen vereinbar. Er plädierte daher für konsequente staatliche Regelungen zum Schutz von Mensch und Umwelt.


Die Wirtschaft ist ein offenes System, das ein Teilsystem des in die Umwelt eingebetteten sozialen Systems ist. Da sie mit anderen Elementen des Systems verbunden ist, ist eine Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen Merkmalen und anderen Elementen schwierig.
Die Komplexität dieses Systems erfordere daher viele Indikatoren, die Entwicklung erfassen und nicht nur einen, wie das Bruttoinlandsprodukt.


Ein zweiter wichtiger Vorreiter der Ökologischen Ökonomie war Nicholas Georgescu-Roegen. 1906 in Rumänien geboren, studierte er zunächst Mathematik in Bukarest, promovierte aber 1930 an der Sorbonne in Paris. Später hatte er mehrere Professuren in den Bereichen Statistik und den Wirtschaftswissenschaften, in Rumänien und den U.S.A.


Er kritisierte die vorherrsche Lehre dafür, die planetaren Grenzen bei den Analysen nicht mit einzubeziehen. Mit seinem Buch „The Entropy Law and the Economic Process”(zu Deutsch: Das Entropiegesetz und der Wirtschaftsprozess) begründet er die Bioökonomie. Entgegen
der aktuellen Vorstellung, ein grünes Wirtschaftswachstum durch eine Produktion auf Grundlage biologischer Ressourcen zu erreichen, sieht seine Disziplin vor, die Wirtschaft als Teil der Biosphäre zu betrachten. Daher sollten sie die Grenzen dieser berücksichtigen, um eine dauerhafte Funktion zu gewährleisten.

Zentral für Georgescu-Roegen sind die thermodynamischen Beschränkungen, deren Gesetze er auf die Wirtschaft anwendet. Daher betrachtet er, wie Kapp auch, diese als offenes System. Im Gegensatz zur typischen neoklassischen Theorie, die diese als geschlossenes System begreift. Bildlich kann man sich die Wirtschaft, laut dem Schüler und Mitbegründer der internationalen Gesellschaft für Ökologische Ökonomie, Herman E. Daly wie ein Tier oder Auto vorstellen:
Diese können in einem geschlossenen System nicht funktionieren. Tier und Auto sind an beiden Enden mit der Umwelt verbunden. Bei der Nahrungs- bzw. Kraftstoffaufnahme wird Energie vebraucht, am Ende entstehen Abfallprodukte, die weder Tier noch Auto verwerten können. (https://www.deutschlandfunk.de/versprechen-der-biooekonomie-das-gleiche-in-gruen-100.html)

Zudem hob er die sogenannte „exosomatische Natur“ der menschlichen Evolution hervor. Er beschreibt damit die Entwicklung des materiellen Wohlstands in der westlichen Welt durch wirtschaftliches Wachstum und Fortschritte in Wissenschaft und Technik. Die Abhängigkeit der menschlichen Gesellschaft von fossilen Brennstoffen spielt in diesem Konzept eine entscheidende Rolle. Ein damit verbundenes Dilemma ist die Sucht nach extravagantem Komfort, der von den exosomatischen Organen bereitgestellt werde. Außerdem führt der Versuch, den Zugang zu Energie zu kontrollieren, zu sozialen Konflikten. Beide Probleme führen zu Ungleichheiten – zwischen Regionen und zwischen Generationen (Generationenkonflikt).

Seine Analysen führten ihn dazu, der Gesellschaft ein konkretes Rahmenprogramm an die Hand zu geben, damit das Überleben der Menschheit gesichert werde:

  1. Verzicht auf Waffenproduktion
  2. Anhebung des Lebensstandards aller Länder auf ein Niveau, dass einen angenehmes Leben ermöglich, ohne luxuriös zu sein
  3. Reduktion der Weltbevölkerung auf eine Zahl, die durch ökologische Lebensmittel (also mit Bio-Siegel) ernährt werden kann
  4. Vermeidung und wenn nötig Verbot aller Energieverschwendung
  5. Verzicht auf Luxusgüter wie etwa große Autos
  6. Abschaffung der Mode
  7. Herstellung von Produkten, die lange halten und reparierbar sind
  8. Entschleunigung statt Hamsterrad und maßlose Steigerung der Produktivität: „Wir müssen begreifen, dass eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Leben darin besteht, einen großen Teil der Freizeit auf intelligente Weise zu verbringen“.

(https://www.welt-sichten.org/artikel/4140)

Um die Gedanken zusammenführen: ihm ging es also gerade nicht darum, dass wir viele Besitz anhäufen und konsumieren wie es uns möglich erscheint. Stattdessen fordert er die Gesellschaft zur Suffizienz auf, also möglichst wenige Ressourcen zu verbrauchen. Dies hat zum Ziel, dass möglichst viele Generationen eine Lebenschance bekommen.

(Siehe dazu: https://www.bund.net/ressourcen-technik/suffizienz/suffizienz-was-ist-das/

https://www.postwachstum.de/nicholas-georgescu-roegen-1906-1994-entropie-20180901)

Hier lässt sich auch das Stichwort „Achtsamer Konsum“ anführen. Dieser kann letzendlich sogar zu mehr Lebensqualität führen, entgegen der vielen Verheißungen von Produktwerbungen. Das führt mich dann auch dazu, den Allerweltsbegriff „Wohlstand“ zu hinterfragen. Doch darauf möchte ich in einem weiteren Blogeintrag näher eingehen.